Zugegeben, ich habe mich selbst schon des Öfteren laut darüber beschwert, dass ich es enttäuschend finde, wenn sich ein Tinderdate nach dem Treffen nicht mehr meldet. Es ist taktlos und ich möchte zudem hinterfragen, ob es nicht vielleicht des Respektes gebühren würde, eine „letzte Nachricht“ auszutauschen.
Ich bleibe auch dabei, das und vor allem, wenn man beim Abschied selbiges behauptet hat, es nur taktvoll wäre, der Bekanntschaft ein wertschätzendes Ende zu verleihen.
Michael Nast thematisierte genau das nun einer seiner neusten Kolumnen. Warum sich Männer nicht mehr melden. Es scheint überaus plausibel, dass sie damit einen möglichen Konflikt umgehen wollen. Ja, vermutlich muss ich dem zugestehen, dass es vielleicht doch der bessere Weg ist. Und vor allem muss ich ehrlich sein und reflektieren, dass auch ich durchaus im Stande bin, wie ein Mann in solch einer Situation handeln zu können.
Es war eine Partybekanntschaft mit F. Ich mochte ihn, fühlte mich mit ihm wohl und empfand unsere Knutschereien als angenehm. Ich beschloss, dies noch einen Moment länger genießen zu wollen und übernachtete bei F. Am nächsten Morgen überkamen mich Zweifel.
Schuld daran war folgendes Zitat*:
Darf ich mich morgen melden oder muss ich 3 Tage warten?
… mir gingen seine Worte nicht mehr aus dem Kopf. Trotz tanztrunkenen Zustandes hatten sich diese Worte in mein Hirn eingebrannt. Ich kam nicht umhin, alles kritischer zu betrachten, als es vielleicht sogar war. Aber ich wollte nicht mehr. Ich ertrug diese Nähe nicht länger. Lag es an ihm? Lag es daran, dass ich zuletzt viel zu sehr autark über mich und mein Leben bestimmt hatte?
Ich konnte es nicht ganz ausmachen, aber in jedem Fall war das hier nicht das Richtige. Und so ging ich. Ich nahm meine Jacke und Tasche und verließ nach wenigen Worten des Abschieds augenblicklich seine Wohnung. Und schwieg.
Aber hätte es hier überhaupt weiterer Worte bedurft? Ich dachte nein. Es wäre aus meiner Sicht nur peinlich geworden.
Und schon wieder ein Moment der Überraschung. Ausgerechnet ein guter Kumpel stellt mich nach Schilderung meiner Geschichte mit F. an der Pranger. Seines Erachtens hätte ich nochmal schreiben sollen. Dem „armen Kerl“ helfen, die Nacht mit meiner Erklärung zu reflektieren. Erstaunlich. Denn war es nicht nach Michael Nasts Sicht genau der richtige Weg? Oder ist auch das Teil des Spiels, dass Frau sich bitte noch einmal die Blöße gibt?
*dies ereilte mich, als ich eigentlich mit einer Freundin den Heimweg antreten wollte und wir Nummern austauschten
„Es ist taktlos und ich möchte zudem hinterfragen, ob es nicht vielleicht des Respektes gebühren würde, eine „letzte Nachricht“ auszutauschen.“
Aber Frauen machen das doch auch niemals. Sie machen es nicht mit der Begründung, daß man keinem Mann auch nur den kleinsten Finger reichen dürfe, da er in seiner Verzweiflung, wieder keine Frau abbkommen zu haben, darin immer einen Hoffnungschimmer erblicken wird und das dann zum Anlaß nimmt, die Frau unbeirrbar zu belästigen.
Wenn du nun die Frauen mit dem Argument, diese Schutzmaßnahme sei respektlos von ihnen den Männern gegenüber, zu einer Geste nötigst, muß man dann nicht sagen, daß du frauenfeindlich bist, insofern du Frauen genau denjenigen Männern auslieferst, die diese wirklich nicht in ihrem Leben haben wollen?
LikeLike
Ich kann Deinem Argument nicht ganz folgen. Was ich eingangs beschreibe, ist meine Enttäuschung über jene Männer, welche einer Frau am Ende eines Dates versprechen, sich zu melden und dies schlussendlich nicht tun. Ich fände es aufrichtiger, dann eben noch einmal zu schreiben. Auch wenn Inhalt der Nachricht ist, dass es kein weiteres Treffen geben wird. Eine Geste, die ich grundlegend schön finde und das von beider Seite. Gleichzeitig beschreibe ich, dass ich Michael Nasts Erläuterung für ein Nicht-Melden des Mannes verstehe und muss reflektieren, dass auch ich bereits so gehandelt habe.
Kurzum: Meiner Meinung nach ist es unfair, zum Abschied falsche Versprechen zu geben. Ganz gleich ob Mann oder Frau. Verspricht man, sich zu melden oder die Aussicht auf Date Nummer 2, dann wäre es nur fair, dem anderen zu schreiben. Meines Erachtens hat das nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun. Sondern mit Aufrichtigkeit und solcher, die reflektiert statt falsche Versprechen zu geben.
LikeLike
Dann ist das sog. ghosten, das kommentarlose Veschwinden also nicht respektlos, falls vorher keinerlei Versprechungen gemacht wurden?
LikeLike
Was heißt respektlos. OK, würde ich sagen. Denn wenngleich es selbstverständlich immer fairer ist, das Treffen auch verbal zu reflektieren, so habe ich es zumeist immer so wahrgenommen, dass beide Seiten bereits zu Ende des Dates wussten, worauf es (nicht) hinaus läuft. Es stand also immer schon unausgesprochen im Raum, dass dieses Treffen eine Sackgasse ist. Und an dieser Stelle gebe ich Michael Nast Recht: es würde alles unnötig verkomplizieren, den Dialog an einem „toten Punkt“ fortzusetzen – als Mann sowie als Frau.
LikeLike
Ok, es ist nicht respektlos, aber das Gegenteil wäre irgendwie besser, ohne daß dadurch ein Plus an Respekt geschaffen werden würde.
LikeLike