„Ich glaub, das könnte ich nicht.“
Da nimmt meine Freundin Suse kein Blatt vor den Mund. Ihr gemütliches Glas Wein am Wochenende oder auch der ein oder andere Partyschnaps gehören einfach zu ihr. Macht doch Spaß, schmeckt doch gut und sowieso: Warum sollte man darauf denn auch bitte verzichten? Müssen wir uns nicht schon genug unter Kontrolle haben die ganze liebe lange Woche?
Recht hat sie. Kontrolle haben unsere sozialen Gefüge schon wirklich mehr als genug. Man denke allein an all die sozialen Dating-Gefüge. Aber das ist ein anderes Thema. Vielmehr rankte sich ihre kleine verbale Empörung darum, dass ich ihr von einem neuen Match erzählte, dass ich schon irgendwie ganz sympathisch finde. Nicht zuletzt, da jener Herr meine, in diesem Jahr neu gewonnene Einstellung teilt, eigentlich kaum noch Alkohol zu konsumieren.
Es erscheint mir immer ein wenig kritisch, dieses Thema zu laut zu thematisieren. Immerhin habe ich allein in meinem Philosophie-Studium genug Debatten um Veganismus führen müssen, als das mir die Nervigkeit jener Themen deutlichst bewusst ist. Man könnte genauso gut sagen: Ich finde Donald Trump sympathisch. Ja, beim Essen hört die Freundschaft auf. Und erst recht beim Trinken. Es ist heikel, hier seine Vorlieben und Grundsätze preiszugeben, ohne sich direkt mit Vorwürfen konfrontiert zu sehen. Gewiss meinen es nicht immer alle böse mit einem, aber dennoch kann es schnell schwierig werden, wenn man sich bei solch essentiellen Themen nicht grün ist.
Für Suse wäre es schwierig mit meinem neuen Match auf Dauer glücklich zu werden, denn es würde vermutlich ein großes Maß an Akzeptanz und mehr als nur einen kleine Portion Liebe brauchen, um den augenscheinlich bestehenden Konflikt auf Dauer bewerkstelligen zu können. Und ich glaube nicht, dass sie damit allein dasteht. Jegliche „Kombinationen“ bergen ihre Herausforderungen:
Vegan vs. Omnivor
Alkoholtrinker vs. Anti-Alkoholiker
Süßnasen vs. Zuckerfreie
Nichtraucher vs. Raucher
Die Liste der Gegensätze kennt hierbei wohl gewiss kein Ende: Und im Raum steht fortwährend die Frage, ob es diskriminierend ist, so zu denken oder nur fair, von vorn herein zu äußern, dass es für einen selbst seine Schwierigkeiten mit sich bringen würde?
Ich selbst komme hierbei immer wieder zum Schluss, dass Ernährung, ebenso wie unsere grundsätzliche Lebensweise, fundamentale Dinge sind, welche mit denen des Partners einfach verträglich sein müssen. Zu groß ist ihr Raum in unserem Alltag, zu gewaltig das Konfliktpotential, wenn bereits hier Unstimmigkeiten herrschen. Nichtsdestotrotz meine ich damit das Große & Ganze. Fernab dessen gibt es aber selbstverständlich Punkte, die nicht unbedingt den selben Konsens haben müssen: Denn mal ehrlich, wenn es Suse mal so richtig erwischt, dann könnte auch der Wein erstmal warten.