Spätestens seit der Veröffentlichung von Fifty Shades of Grey ist klar: weitaus mehr Frauen als angenommen finden die Rolle der devoten Sexgespielin anregend, als von vielen zunächst vermutet. Zugegeben, für viele wurde diese Phantasie wohl auch erst durch das Buch zum Leben erweckt und schlussendlich korreliert sie wohl auch maßgeblich mit dem nicht zu verachtenden Sexappeal der Figur Christian Grey.
Wie dem auch immer sei, Fakt ist, es gibt Phantasien, die wir wohl nicht alle verstehen und schon längst nicht teilen. Allerdings schokierte mich die neuste Tinder-Interpretation der Freundin einer Freundin doch sehr.
Sie nutzt die Plattform für Sex. One-Night-Stands, Spaß ohne viel Schnickschnack.
Das allein ist vielleicht nicht mein Ding, allerdings würde ich dafür niemanden verurteilen oder wäre gar geschockt. Vielmehr ließ mich der nachfolgende Part der Erzählung erstarren. Besagte Freundin verabredet sich zum Sex. Lohtzt die Männer zu sich nach Hause, lässt die Tür einen Spalt offen, schaltet das Licht aus und legt sich nackt mit verbundenen Augen auf ihr Bett. Dort wartet sie auf ihn und hat dann blinden Sex mit einem Mann, den sie nie zuvor getroffen hat. Und sieht ihn auch währenddessen oder danach nicht. Stellt er sich gut an, darf er vielleicht wieder kommen. Dafür hat sie eine Bewertungsliste.
Sie lässt wildfremde Männer in ihre Wohnung ohne sie je zu sehen!
Was. um. alles. in. der. Welt.
Ich bin schier fassungslos über die Skrupellosigkeit dieser Freundin. Hat sie denn überhaupt keine Furcht? Keine Angst, man könne sie berauben oder missbrauchen? Sie lebt in Berlin. Allein. Und das in einer Zeit, wo wir schon schiss haben, nachts allein am Bahnhof rumzulaufen. Mir fehlen die Worte. Diesen Reiz kann ich nicht verstehen.
Also ich kann mir schon gut vorstellen dass da mal jemand vorbeischaut der vielleicht Dinge mit ihr machen will auf die sie keine Lust hat. Und sich dann vielleicht einfach nimmt wss er will. Ich finde die Vorstellung auch irgendwie grußelig.
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ich habe nie etwas anderes angenommen 😉
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Das ist allerdings heftig.
Ich wundere mich aber schon lange nichts mehr.
Es ist unglaublich welche ausgefallen Vorlieben es gibt. Jeder sucht eben auf andere Weise den Kick.
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“ Hat sie denn überhaupt keine Furcht? Keine Angst, man könne sie berauben oder missbrauchen? “
Klingt eher wie ein von den ach so zuverlässigen, aber in Wahrheit sexistischen Massenmedien eingeredeten und völlig unglaubwürdiges Klischee.
Nimm doch mal die nackten Fakten: Diese Frau praktiziert ihre sexuellen Vorlieben mit fremden Männern im Vertrauen darauf, daß diese Männer ehrlich und anständig sind.
Und so nach deinem Text zu urteilen, wurde sie nicht enttäuscht.
Aha. Klingt nach einem normalen Experiment, oder?
„Was. um. alles. in. der. Welt.“
Das frage ich mich sehr viel eher bei dir.
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Du findest also, dass meine Sorge vollkommen ungerechtfertigt und übertrieben ist? Ich stimme Dir voll und ganz zu, dass jeder seine Phantasien ausleben soll. Bislang ist es ja auch gut gegangen. Aber ich kann und möchte niemals glauben, dass alle immer nur anständig sind. Das könnten wir wohl beide nicht unterschreiben.
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„Du findest also, dass meine Sorge vollkommen ungerechtfertigt und übertrieben ist? “
Mein Punkt ist eigentlich ein ganz anderer. Mein Punkt ist, daß diese Sorge gewissermaßen empirisch getestet wurde und wird.
Und ich plädiere dafür, Fakten als Fakten stehen zu lassen und sie nicht für unwahrscheinlich im Sinne einer Theorie und daher unmaßgeblich zu erklären. Denn auf diese Weise hält man sich gerade nicht an das, was zählt – die Fakten – sondern immunisiert seine eigene Theorie – die Sorge.
Und wer möchte nicht mit Recht ohne Sorgen leben?
„Aber ich kann und möchte niemals glauben, dass alle immer nur anständig sind.“
Genau das meine ich. Das ist keine Frage der Tatsachen, sondern eine psychologische Frage, die sich von dem Kontakt zu Fakten längst verabschiedet hat – offenbar.
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Meine Absicht war keineswegs „Panikmache“. Ich würde es nie tun und wünsche besagtem Mädel, dass auch weiterhin alles gut geht. Ich höre an dieser Stelle wohl schlicht auf meinen Bauch. Du auf Fakten.
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Du kannst auf deinen Bauch hören, wie du willst, das ist deine Privatsache.
Aber die Geschichte, die du erzählt hast, sagt eindeutig, daß die richtige Reaktion auf die Fakten nicht sowas wie „Wie kann sie nur?“ sondern „Oh, da haben meine Meinungen ja zu völlig falschen Erwartungen geführt, was geht denn da schief?“ ist.
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Ehrlich gesagt, mir fällt es wirklich schwer, mit Dir an dieser Stelle an einen Punkt zu kommen. Was ich wollte, war die Geschichte niederzuschreiben und meiner Empörung Ausdruck zu verleihen. Das hier mein Bauch über die augenscheinlich vorherrschenden Fakten dominiert hat, ist in Deinen Augen wohl vermeintlich nicht neutral genug. Das war aber auch nie meine Absicht und nach wie vor schreibe ich niemandem ab, anders darüber zu denken.
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„Was ich wollte, war die Geschichte niederzuschreiben und meiner Empörung Ausdruck zu verleihen.“
Das hast du getan. Niemand verbietet dir das.
Ich halte diese Gefühle für falsch – und das ist noch höflich und vorsichtig formuliert – wenn auch die Bezeichnung „beschönigender Euphemismus“ dafür nicht mehr angemessen wäre.
Wir müssen nicht einer Meinung sein. Mich traumatiert so ein Dissenz in keiner Weise.
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