Zwischen den Jahren – eine Zeit, in der man zumindest versucht, Liegengebliebenes in Angriff zu nehmen. Gut, aufgrund diverser Essenstermine schafft man am Ende doch immer nur einen Bruchteil, aber immerhin. Für’s Wichtigste hat’s wohl bei den Meisten doch immer gereicht: Treffen mit guten Freunden. Freunden, die man wahrlich viel zu selten trifft, aber wenn es dann klappt, stets mit größter Freude.
Auch ich habe eines dieser überfälligen Wiedersehen zwischen den Jahren mit einer, man muss sagen langjährigen, Freundin geschafft. Aber das wäre jetzt zu säuselig. Nun, aber was erzählen sich Freundinnen, die sich lange nicht gesehen haben? Richtig! Männergeschichten.
Zum Glück hat Emma immer eine Story auf Lager.
Gefühlt ist Emma Dauersingle. Ich kenne sie nur in Solo und bin äußerst froh darüber, dass sie zu jenen Menschen gehört, für die das Glas stets halb voll ist. In Sachen Männer hatte sich bei ihr im vergangenen halben Jahr tatsächlich mal etwas in Bewegung gesetzt. Während eines Clubbesuchs hatte sie sich überwunden, einen Typen, welcher ihr bereits zuvor aufgefallen war, anzusprechen. Mit Erfolg, denn sie landeten nicht nur an der Bar, sondern auch knutschend in einer Ecke des Clubs.
Nun, das war eigentlich nicht der Plan, aber Emmas Endorphine waren hoch erfreut, denn soweit hatte sie es länger nicht geschafft. Nichtsdestotrotz hielt sie an ihrem eigentlich Plan fest. Sie wollte diesen Typen richtig kennenlernen und nicht nur seine Knutschkünste auschecken. So tauschten die beiden am Ende des Abends Nummern und begannen kurz darauf mit einander zu schreiben. Sie erzählten sich in den kommenden Wochen in etwa alles, was man sich erzählen konnte und strebten natürlich auch ein nächstes Treffen an.
Es schien wundervoll, wenn nicht beide unglaublich Workaholics wären und vor allem Er nicht so unglaublich beschäftigt wäre. Denn es blieb dabei: die Absicht war da, die Umsetzung fehlte. Nur weshalb? Sie waren einander sympathisch, hatten rumgemacht und schrieben sich schier alles. Wo war das Problem? Weshalb sagte er immerzu last Minute ihre Dates ab?
Kurz nach Weihnachten startete er einen neuen Versuch und fragte Emma um ein neues Date. In alter Manier war sie inzwischen skeptisch geworden, sich wirklich proaktiv einen Zeitslot für Mister Busy frei zu halten, hatte aber diesmal wirkliche Hoffnungen, dass ihm zwischen den Jahren kein Arbeitsaufträge dazwischen käme. Ihr geplantes Date: am Morgen des 31.12. – ambitioniert, wie ich finde, aber ich hätte es Emma von Herzen gegönnt. Nur kam natürlich, was kommen musste: er sagte kurz vor dem Date ab. Warum? Nun, das hätte wohl nicht nur Emma gerne gewusst.
„er sagte kurz vor dem Date ab. Warum?“
Ist doch klar: Weil sie nicht so wichtig für ihn ist, da gibt es keinen Zweifel.
Und das kann nur eines bedeuten: Die traditionellen Kriterien einer Frau, um herauszubekommen, wann eine Frau einem Mann wichtig ist, taugen nichts.
Und das bedeutet, daß vom Standpunkt des tradierten Ideals der Weiblichkeit, Männer – wenigstens heutzutage – gar nicht mehr mit diesem Ideal wechselwirken.
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Nun, ich gebe Dir recht, dass meine Freundin den feinen Herren durchaus früher hätte in den Wind schießen müssen, da das alles augenscheinlich zu nichts führen sollte. Aber so ganz drastisch wie Du es resümierst, würde ich es nicht schlussfolgern. Emma war sich schon bewusst, dass sie nicht allzu viel auf ihn zählen sollte… und sind wir doch mal ehrlich: wenn sich keine Alternativen bieten, halten wir uns doch alle nur zu gern mal an dem auf, was sich gerade bietet. Insbesondere dann, wenn das Spielchen ja schon irgendwie funktioniert.
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„ich gebe Dir recht, dass meine Freundin den feinen Herren durchaus früher hätte in den Wind schießen müssen, “
Nein, das habe ich nicht gesagt. „wichtig“ läuft für Männer in der Regel nicht auf „Wertschätzung“ hinaus, sondern auf „emotionale Relevanz“. Das ist ein Riesenunterschied.
„wenn sich keine Alternativen bieten, halten wir uns doch alle nur zu gern mal an dem auf, was sich gerade bietet.“
Ich bezweifle, daß man das folgern kann. Im Gegenteil: Worauf ich hinaus will, ist, daß das immer die beiden sich erzählt haben mögen, für Emma wichtig war, aber nicht für den Mann. Ihm war etwas anderes wichtig und das hat Emma nicht erkannt. Noch klarer: Der Mann hat bei dem mit gemacht, was der Frau wichtig war. Aber die Frau hat nicht bei dem mitgemacht, was dem Mann wichtig war – was immer das sein mag. Was Emma für Tiefe gehalten hat, war keine. Sie ist gar nicht zu dem Mann vorgedrungen mit all ihren Gesprächen.
Das ist der Punkt.
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Dennoch empfinde ich das ganze als kontrovers. Denn warum hat er ihr recht intime Details seines Privatlebens mitgeteilt (rund um Familie etc.)? Nur für ein „Spiel“?
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Nein, kein Spiel. Es war für ihm ganz offenbar nicht intim. Daher bleibt sein Einsatz begrenzt.
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Ok, spannende Sache. Dann hatte meine Freundin wohl in mehrfacher Hinsicht Pech…
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Leider weiß ich nicht genau, welche Diagnose deine Freundin gestellt hat. Kannst du sie zusammenfassen?
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Diagnose? Schlussendlich ist sie wohl nach wie vor verwirrt von seinem Verhalten, hat ihn jedoch schon während der fortwährenden Odyssee als eher Untauglich deklariert und stückweise die Hoffnung auf ein Date aufgegeben. Daher finde ich es durchaus spannend nun Deine männliche Sicht auf diese Geschichte zu kennen.
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Meine These ist – ganz allgemein – daß sich Männer und Frauen noch wesentlich weniger verstehen, als sie in den schlimmsten Fällen so befürchten. Und es ist in meinem Augen völlig unvorhersehbar, was passieren würde, wenn sie es mal täten.
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Ich befürchte das Emma ein Fall von Benching geworden ist. Benching kommt von „bench“ und könnte man daher im Sinne von „auf die lange Bank schieben“ übersetzen. Früher meldeten die Männer sich einfach nicht mehr. Das war hart, aber man wusste woran man ist. Benching ist fast noch gemeiner, dass Interesse signalisiert wird. Man macht sich Hoffnung. Interesse hatte der Mann sicher auch, aber er war sich unsicher. Am Anfang konnte er vielleicht wirklich nicht. Doch dann verstrich die Zeit. Er mochte Emma sicher, aber ein Treffen hätte bedeutet, ernsthaft aktiv werden wollen zu müssen. Und dann kannte er sie irgendwie nur aus einer Nacht im Club. An Silvester hatte er dann vielleicht nochmal den eigenen Wunsch, dass es klappt. Es ist ja auch schön mit Emma zu schreiben. Aber für ein Treffen hat es dann wohl wieder nicht gereicht. Mein Tipp: Vergessen und falls er wieder schreibt, ignorieren.
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Wow. Wieder was dazugelernt. Danke Dir für die ausführliche Erläuterung. Emma hat ihn jetzt hoffentlich wirklich in den Wind geschossen… aber wie du schon schreibst: es ist gemein.
Hoffentlich kein neuer Trend unter den Herren;)
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Ich bin nach einigen Datingodysseen dazu untergegangen den Herren der Schöpfung zwei, maximal drei Chancen zu bieten, mich zu treffen. Man lebt ja schließlich nur einmal und vor allem für sich selbst. Vielleicht schreibe sie ihm noch mal und fragt für uns nach dem Warum? Das würde vielleicht für einige ein A-H-Moment werden *zwinker*, auch wenn sich schlecht von einem Mann auf alle Männer schließen lässt…
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Stimmt wohl, aber ich bin auh lieber konsequent und lass es dann bleiben. Bringt ja nix…wie man auch hier mal wieder sieht.
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Man ärgert sich ja doch nur unnötig, besteht Interesse, trifft man sich, besteht kein Interesse, schafft man es eher nicht sich zu treffen.
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