Adventskalender · Post von Gästen

Beziehungsstatus: Ich muss keine Weihnachtsgeschenke kaufen.

Heute ist Nikolaus. Früher als Kinder haben wir aufgeregt unsere frisch geputzten Stiefel am Abend davor vor die Tür gestellt. Wir haben kaum schlafen können in der Hoffnung, Nikolaus befüllt sie fleißig: „Waren wir auch artig genug? Oder werden wir nur als billige Schuhputzkraft benutzt?“ Gut, den letzten Gedanken haben wir wohl erst jetzt als Erwachsene. Auf jeden Fall mussten wir uns als Kinder noch keine großen Gedanken machen, wie wir alle Geschenke pünktlich zusammen bekommen. Immerhin haben das ja Nikolaus, der Weihnachtsmann oder, nun ja, vielleicht auch unsere fleißigen liebenden Eltern übernommen.

Jetzt, da wir groß sind, sieht das etwas anders aus. Wir müssen an alle denken, an Mutti, Vati, Brüderchen, Schwesterherz, Oma, Opa und auch an die besten Freunde. Mitte Dezember ist schon mehr Monat als Geld übrig. Dabei kommt der berühmte 23. doch erst noch, wenn die allerletzten Geschenke in fast leergefegten Läden zusammengesammelt werden müssen. Je mehr wir Zeit mit jemand verbringen, scheinen wir noch weniger zu wissen, was wir ihm schenken sollen. Ohje da war ja noch wer: „Was ist denn nun mit dem Liebsten, Schatz oder der Süßen?“.

Die frisch Verliebten machen sich nun pausenlos Gedanken: „Was schenke ich ihm/ihr nun?“ Die glücklichen Paare, die jahrelang zusammen sind, schenken sich vielleicht etwas gemeinsam. Gern sagen sie auch den berühmten Satz: „Wir schenken uns mal nichts“. Am Weihnachtsabend schauen sie sich dann überrascht an, wenn der jeweils andere doch mit einem großen Paket oder einer besonderen Überraschung daher kommt.

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Und Singles? Sie rollen mit den Augen. Dahingehend scheint Weihnachten wohl eine Zweiklassengesellschaft zu sein. Denn es ist das zwiespältige Fest der Liebe. Als Single graut es einen vor dem Familienfest. Die Eltern fragen mal wieder, wann man denn endlich jemand mitbringt oder entgegnen: „Du bist aber auch wieder dicker geworden, Frust mein Kind?“. Alle küssen sich, wenn sie das Geschenk von der Freundin oder dem Freund öffnen. Man selbst darf sich eher über die selbstgestrickten Socken von der Oma in grauenhafter Farbe freuen. Immerhin hat man dann keine kalten Füße, wenn sie schon kein Partner wärmt, denkt man sich dabei.

Für Singles ist es wohl weniger das Fest der Liebe als mehr Beziehungsstatus: „Ich muss keine Weihnachtsgeschenke kaufen“. Was man als Single bei all den umgebenen Endorphinen von Weihnachtsliebe anderer gern vergisst: Eigentlich hat das ja auch etwas Gutes, Single an Weihnachten zu sein. Man muss sich weniger Gedanken um Weihnachtsgeschenke machen. Man vermeidet zusätzlich den Stress, alle Verwandten von einem selbst und die des Partners abzuklappern. Man feiert einfach wie immer mit der eigenen Familie. Paare plagt das Hin und Her Fahren: „Und wo feiern wir diesmal Heiligabend?“, oder: „Bei deinen Eltern waren wir doch schon letztes Jahr. Können wir nicht mal mit meiner, ja auch manchmal anstrengenden, Familie feiern?“ Die Familie fragt zwar nicht nach einem Freund, aber macht diskret indiskret darauf aufmerksam, dass sie sich langsam mal über Nachwuchs freuen würde. Der dickere Bauch wird dann eher als Beziehungsbauch kommentiert. Als Single trifft man auch nicht auf die Verflossenen der Partner in der Heimat – ja ok, dafür könnte man auf die eigenen alten Liebschaften und Ex-Partner treffen, die mit ihren neuen Partnern knutschen. Die Eltern fragen vermutlich nicht nur nach dem Partner, sondern im gleichen Atemzug auch nach dem Nachwuchs.

Wie wir es machen, machen wir es also eh falsch. In den Einkaufszentren sind wir dann wieder alle gleich. Wir drängeln uns durch die Regale und überlegen, was wir wem schenken: „Muss ich an Onkel Klaus, Tante Ingrid und an Oma Gertrude auch denken? Darf ich einfach Gutscheine verschenken, die eh keiner einlöst? Ist es ok, den Wein an Heiligabend auszuschlagen, weil man am Tag davor noch mit alten Freunden gefeiert hat? Kann ich nicht einfach mal maulig beim Weihnachtsessen sitzen, weil ich ohne Partner und/oder Nachwuchs komme?“.

Zumindest kann Single sein so seine Vorzüge haben. Man muss sich nicht mit seinen Eltern streiten, wie gut der Freund wirklich zu einem passt. Man muss dem Partner nicht sagen, dass man sich über das Geschenk freut. Gleichzeitig überlegt man, wie man es heimlich wieder zurückbringen kann. Auch muss man nicht mit den Eltern diskutieren, dass man doch auch mal öfter zu ihnen kommen könnte. Man wäre viel öfter bei den Schwiegereltern in Spe. Ok. Aber wenn man es hat, ist es auch ganz nett. Der Vorzug in einer Partnerschaft ist die Zweisamkeit, das gemeinsame Necken, dass das eigene Geschenk eigentlich viel besser war. Wenn man genervt von der buckligen Verwandtschaft ist, kann man sagen: Wir müssen dann mal weiterziehen. Die Schwiegereltern warten. Das Kind ist müde.

Jeder der Single ist, darf sich dennoch über die eigenen Freiheiten freuen und darüber, wie unkompliziert es allein sein kann. Weniger Geschenkpapier bedeutet, mehr so tun zu können, als würde man etwas für die Umwelt tun. Weniger Geld für Weihnachtsgeschenke heißt mehr Geld für das Frustbier mit Freunden. Jeder, der in einer Beziehung ist, sollte an die Zeit allein zurück denken, wenn man mal wieder glaubt, ohne den Partner wäre alles einfacher. Der Beziehungsstress kann doch ganz nett sein. Da trinkt man das Frustbier einfach gemeinsam. Auf jeden Fall ist da jemand, der die Nikolausstiefel befüllt. Der Single muss sie gar nicht erst putzen.

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Ein postverliebtes Dankeschön an Luise blättert auf…

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Luise blättert auf… Das Feuilleton unter den Blogs – Aufgeblättert. Durchgelesen. Kommentiert. Geschrieben von Luise – Wortkünstlerin und Zeilenliebhaberin über Gesellschaft, aktuelles Zeitgeschehen und Bücher. Sie gehört zur Generation Y, glaubt aber nicht beziehungsunfähig zu sein. Sie freut sich auf Weihnachten, es graut ihr aber auch vorm Geschenke kaufen, die sie sicher nicht vor kurz vor Weihnachten zusammen hat. Dann gibt’s halt Bücher für alle oder einen Brief.

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