Adventskalender · Post von Gästen

Früher war mehr Lametta.

War früher wirklich mehr Weihnachten?

Horst Evers, Berliner Autor und Komiker schreibt Kurzgeschichten über die alltäglichen Kuriositäten und das Leben zwischen Chaos und Wahnsinn in Berlin. Pünktlich in der Vorweihnachtszeit erschien eine Sammlung seiner weihnachtlichen Kurzgeschichten aus verschiedenen Erzählbänden in „Früher war mehr Weihnachten“. Der Titel des Buches ließ mich mir selbst die Frage stellen, ob früher eigentlich wirklich mehr Weihnachten war.

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Horst Evers – Früher war mehr Weihnachten

„Früher war mehr Lametta“

meinte schon Opa Hoppenstedt bei Loriots Weihnachten bei Familie Hoppenstedt. So hört man es auch gern die Leute auf der Straße reden und man ertappt sich auch gern selbst bei solchen Gedanken: „Früher war mehr Schnee“, „Früher hatten wir noch mehr leuchtende Kugeln am Weihnachtsbaum und auch so war eigentlich alles viel schöner“. Jedoch ist das wahrscheinlich gar nicht der Fall. Unsere Erinnerungen und subjektive Wahrnehmung täuschen.

Vermutlich sehen wir Weihnachten einfach gern immer noch mit Kinderaugen und wünschen uns den Zauber, den wir als Kinder erlebt haben, zurück. Als Kind konnte man es kaum erwarten, jeden Abend im Advent wartete man sehnsüchtig auf den Morgen, um endlich das nächste Türchen aufmachen zu können. Am Nikolaustag wollte und konnte man nicht schlafen, sondern schlich sich zur Tür, damit man dieses Jahr doch endlich mal den Nikolaus dabei erwischen könnte, wie er die geputzten Stiefel mit Leckereien und kleinen Geschenken füllt. Ab dem Zeitpunkt stieg die Aufregung von Tag zu Tag, bis man endlich singen konnte: „Einmal werden wir noch wach, heysa dann ist Weihnachtstag!“. Am Tag der Bescherung war man ganz hibbelig vor Aufregung, bis der Weihnachtsmann vor einem stand und man doch etwas schüchtern den alten Mann beäugte, der wohl eigentlich der Onkel oder Nachbar gewesen ist. So freuen wir uns auch jetzt noch häufig wie ein Kind jährlich auf die Adventszeit.

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Nussknacker

Weihnachten hat außerdem etwas Romantisches, so ist es das Fest der Liebe. Wir haben entsprechend Erwartungen, die nicht erfüllt werden können. Das Wetter hört nicht auf uns, indem der Schnee ausbleibt und die Besinnlichkeit stellt sich bei all dem Stress dann auch nur bedingt ein. So ist es wahrscheinlich mit Weihnachten wie mit der Liebe: Wir wünschen uns ein Weihnachten mit Schnee und Romantik und vergessen, dass wir mit Disneyfilmen aufgewachsen sind. Wir stürzen uns in all die Rituale vom Plätzchenbacken, Dekorieren und Geschenke basteln bis hin zum Weihnachtsmarktbesuch einmal pro Woche, weil wir glauben, so in die romantische Weihnachtsstimmung zu verfallen.

Das führt dann allerdings zu all dem Stress, dem die eigentliche Besinnlichkeit weichen muss. Spätestens Heiligabend kommen wir in der Realität an und merken, wenn alle um den Weihnachtsbaum stehen und überlegen, ob früher denn wirklich mehr Weihnachtskugeln am Baum hingen und Oma einem freudestrahlend die selbstgestrickten Socken entgegenstreckte, dass eigentlich doch alles wie immer ist. In diesem Moment fühlen wir uns wahrscheinlich eher wie in einer Loriot-Verfilmung als in einem Disneyfilm. Gleichzeitig erkennen wir, dass das wohl auch ganz schön ist. Es ist genau das, was Weihnachten letztendlich ausmacht: Dieses Gemisch aus Vorfreude, Weihnachtsbräuchen, Geschenkeeinkaufstrubel und Stress.

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 Ku’Damm Schnee

Es muss nicht immer der Disneyfilm sein. Die Anekdoten des wahren Lebens sind dann die Geschichten, die wir uns später gern erzählen.

Genau das ist auch Horst Evers‘ „Früher war mehr Weihnachten“, ein kleines aber feines Büchlein über den realen Weihnachtswahnsinn, das sich ideal als Last-Minute-Geschenk eignet. Damit bringt ihr jeden zum Schmunzeln.

Früher war mehr Lametta
Früher war mehr Weihnachten


Ein postverliebtes Dankeschön an Luise
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Luise, Bloggerin auf „Aufgeblättert“
Luise ist nicht nur Wortliebhaberin und Bücherwurm, sondern schreibt auch noch darüber in ihrem Literaturblog „Aufgeblättert“. Außerdem liebt sie Berlin und Kaffee. Mit ihrem Kaffeebecher im Gepäck erkundet sie für die gemeinsame Aufgeblätterte Kaffeekolumne die Cafés der Stadt.